Der Genfer Psalter (oder Hugenottenpsalter), eine Liedersammlung aus dem 16. Jahrhundert, ist der spezifisch reformierte Beitrag zum evangelischen Kirchenlied.
Der Genfer Reformator Johannes Calvin hielt für den gottesdienstlichen Gesang nur solche Lieder für geeignet, die biblische Texte zur Grundlage haben. Lieder, die auf freien Dichtungen fußen – wie sie in der katholischen ebenso wie in der lutherischen Tradition üblich sind –, lehnte er ab. Deshalb initiierte er für den Gebrauch im Gottesdienst eine Übertragung aller 150 alttestamentlichen Psalmen in französische Verse und ließ diese mit Melodien versehen. Die Melodien folgen den Vorgaben Calvins, der der Gefahr begegnen wollte, Musik könne allzu starke Leidenschaften wecken, und sind daher rhythmisch wie melodisch bewusst schlicht gehalten. In endgültiger Form erschien diese Liedsammlung erstmals im Jahre 1562.
Die französischen Nachdichtungen wurden im deutschen Sprachraum durch deutsche Versionen ersetzt, zuerst 1573 durch Ambrosius Lobwasser. Von späteren Nachdichtungen hatte die von Matthias Jorissen aus dem Jahre 1793 besondere Wirkung, doch wurden immer wieder neue deutsche Textfassungen gefunden, in unserer Zeit etwa von Jürgen Henkys und Alfred Rauhaus. Die alten Melodien werden immer noch verwendet.
Die reformierte Ausgabe des Evangelischen Gesangbuchs (EG) enthält den vollständigen Genfer Psalter in deutscher Sprache. Einige Lieder daraus stehen auch im Hauptteil des EG, doch die meisten Genfer Psalmen sind außerhalb der reformierten Tradition weitgehend unbekannt.
Zwar sind wir in unseren Gottesdiensten heute auch für Lieder auf nichtbiblische Texte offen, aber der Gesang der Genfer Psalmen, als eines wesentlichen reformierten Identitätsmerkmals, spielt für uns nach wie vor eine besonders wichtige Rolle. Außerdem pflegt unsere Choralschola in besonderer Weise diese Tradition, und zwar in einstimmigem Gesang, wie es den ursprünglichen Intentionen Calvins entspricht (Näheres dazu hier), und veröffentlicht die Gesänge des Genfer Psalters sukzessive bei YouTube (siehe hier).